Mallorca Today

Bodega Anima Negra auf Mallorca

Bodega Anima Negra
Pere Obrador i Vidal, Mitbegründer der Bodega Ànima Negra. / Foto: Jörg Dörpinghaus

Geschwungene schwarze Buchstaben auf rotem Etikett: Der AN/2 ist der erfolgreichste Weinexport Mallorcas. Nicht nur auf der Balearen-Insel, sondern auf mittlerweile mehr als 45 Exportmärkten gilt der Name Anima Negra als Gesetz für Qualität mit starkem und durchdringendem Callet-Charakter.

Ob Mallorquiner, Resident oder Urlauber: Jeder scheint die Bodega Anima Negra - auf Deutsch schwarze Seele - zu kennen, und man hat das Gefühl, als gehöre ÁN ebenso zur Insel wie die Kathedrale von Palma oder der Hafen von Andratx. Aber den Ursprung der trendigen Flaschen kennt kaum jemand. Er liegt zwischen Felantix und Nirgendwo, zwischen Barrique und Betontanks, Schlauchgewirr und Bürokunst.

Die Wein-Fanaten des AN-Gespanns leben hier rund um die Bodega - in der Quibia-Welt, wie sie ihr Umfeld selbst nennen. Quibia steht für eine unberührte Welt, in der man mit Freunden, Familie und guten Weinen lebt. Hier spiele Zufriedenheit und der pure Genuss die Musik. Was andere als buddhistisches Nirvana bezeichnen, ist für das quer denkende Winzer-Duo ihre individuelle Quibia-Residenz, welche sie durch den An- und Ausbau ihrer Weine hegen und pflegen. Der einzige Weißwein der Bodega darf den Namen Quibia tragen.

Die Kompetenzen der beiden Winzer ergänzen sich optimal: Den kreativen Part übernimmt Miquel Angel Cerda Part, der strategische Kopf ist Pere Ignasi Obrador. Seit 1994 residieren sie gemeinsam im ÁN-Stammhaus Possessio Son Burguera. Das aus dem 13. Jahrhundert stammende Anwesen war damals wie heute perfekt zur Weinbereitung. Jede Menge Platz hatten die Jungs 1994, damals noch mit Francesc Grimalt an ihrer Seite, um die ersten Versuche der schwarzen Seele Mallorcas zu vinifizieren. Heute, 15 Jahre und Traubenernten später, geht es nicht mehr um eine Handvoll Barriquefässer und ein paar Zeilen Manto Negro, Fogoneu, Prensal und vor allem Callet. Mittlerweile denkt man bei Anima Negra in anderen Dimensionen. Damit auch wirklich alle 45 Märkte weltweit mit den beliebten Tropfen aus Felanitx bedient werden können, wird hier vinifiziert, was die Betontanks hergeben und zum Reifen in Barrique über Barrique geschichtet.

Ànima Negra gilt auf Mallorca inzwischen schon als Kult-Bodega. Diesen Erfolg haben die Traditions-Winzer aus Felanitx einer ebenfalls traditionellen Rebsorte zu verdanken. Seit 1998 stellen sie ihren Rotwein aus der autochthonen Callet-Traube her. Sie gedeiht fast ausschließlich auf Mallorca. Mallorca Wein-Guide hat ein Interview mit Ànima Negra-Mitgründer Pere Obrador geführt, das Mallorca-today exklusiv im Internet veröffentlichen darf.

Mallorca Wein: Mallorquinische Weine erlebten in den letzten 10-20 Jahren ein unglaubliches Revival. Was steckt hinter dem Erfolg?

Pere Obrador: In erster Linie die ungeheure Qualitätssteigerung - und dabei denke ich an so gut wie alle Weine der Insel. Früher arbeitete man mehr in Quantitäten - der typische Tafelwein zu jedem Essen eben. Auf Mallorca hat man später als in anderen Regionen damit begonnen, qualitativ hochwertige Erzeugnisse zu entwickeln; obwohl der Markt danach verlangte. Geholfen hat sicher auch die Lage - eine ideale Traubenlage mit sehr ausgewogenem Klima, entsprechende Böden und die Bekanntheit der Insel. Immerhin passieren pro Jahr gut 10 Millionen potenzielle Kunden unser Territorium. Dies erleichtert die Diffusion, wenn man erst einmal einen guten Wein vorweisen kann. Den Faktor Tourismus sollte man andererseits auch nicht überbewerten, denn immer noch ist der Anteil an Riojas und Penedés, die auf der Insel getrunken werden, riesig.

Mallorca Wein: Gibt es Gemeinsamkeiten mallorquinischer Weine, die sie von denen anderer Regionen absetzen?

Pere Obrador: Ich persönlich denke schon... Wir finden hier eine ganz besondere Situation vor. Die Insel markiert das Zentrum des westlichen Mittelmeers. Eine sehr gemäßigte, von der Sonne verwöhnte Region, die Weine von vollem, nachhaltigem Geschmack hervorbringt. Auszeichnungen und Prädikate aus mittlerweile fast allen Teilen der Welt bestätigen die Qualität mallorquinischer Produkte. Andererseits sind viele unserer Weine nicht so extrem lange lagerfähig wie andere. Auch nutzen wir hier auf der Insel eine ganze Reihe von autochthonen Traubensorten, die unseren Weinen eine ganz spezielle, eine ganz eigenständige Prägung geben.

Mallorca Wein: Nach einem wahren Technologie-Boom finden immer mehr Winzer zu traditionellen Anbau-, Press- und Ausbauverfahren zurück. Ist die Technik der Vorväter einfach besser?

Pere Obrador: Schon richtig, wir haben die Zeit der Chemie durchlebt. So in den 50er/60er Jahren dachten doch alle, mit dem richtigen Kunstdünger und entsprechenden Pestiziden ließe sich jedes Problem lösen. Danach kam die Ära der Technologie. Ohne pneumatische Presse und thermoregulierte Edelstahl-Tanks galt man in den 90ern einfach als hoffnungslos veraltet. Heute wenden sich - zumindest hier auf Mallorca - viele der größeren Winzer wieder traditionellen Verfahren zu. Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter: Meiner Meinung nach hätten wir nie den - sagen wir einmal - ökologischen Weg verlassen dürfen. Ökologisch nicht im Sinne irgendeiner Ideologie, vielmehr im Sinne des respektvollen Umgangs mit dem Land, mit den Produkten, die darauf wachsen und mit der Behandlung, der man diese Produkte später unterwirft. Gerade in dieser Hinsicht hatten uns unsere Großväter schon einiges an Wissen voraus, das heute erneut ergründet und erweitert werden muss. Ein Beispiel: Der Wein wurde früher vor der Fasslagerung in großen Tanks aus Mauerwerk ausgebaut. Das brachte ein ganz spezielles, rundes Spektrum an Aromen hervor. Seit einigen Jahren machen wir Versuche mit diesen alten Tanks - ausgestattet mit neuester Technik: Jeweils zwei paarig angeordnete Tanks werden mit einem zentralen Kühlelement versehen. Das spart Energiekosten und vermeidet die Geschmacks-Spitzen, die oft bei Edelstahl entstehen. Die so entstehenden Weine werden von unseren Kunden eindeutig bevorzugt. Die Edelstahl-Tanks nebenan stehen mittlerweile zum Verkauf.

Mallorca Wein: Hat die mallorquinische Wein-Produktion ihr Maximum erreicht? Oder bietet die Insel Ressourcen und Raum für weiteres Wachstum?

Pere Obrador: Einige Kollegen meinen: ja, die Grenzen des Wachstums seien so in etwa erreicht. Mein Standpunkt sieht anders aus. Natürliche Ressourcen sind auf den Balearen nach wie vor vorhanden und weiter ausbaubar. Die Bedingungen für gute Weine sind - wie bereits gesagt - hervorragend und je mehr Präsenz unsere Produkte auf heimischen und internationalen Märkten zeigen, umso mehr Nachfrage wird herrschen. Erst ab einem gewissen Volumen wird man überhaupt erst international wahr- und ernst genommen.

Mallorca Wein: Und weitere Absatzmärkte? Wo liegen Potenziale für die Zukunft?

Pere Obrador: Gerade das ist eines der zentralen Themen bei Gesprächen zwischen meinem Kompagnon und mir. Einer von uns beiden ist praktisch immer auf Reisen. Die Herausforderung liegt darin, diese neuen Märkte zu erschließen. Dies kostet allerdings viel Zeit und erfordert auch eine ganze Menge an Kapital. Miguel Angel und ich haben zuletzt Japan und Australien bereist. Dabei ergab sich, dass z. B. die Australier schlechte Erfahrungen mit Kork-Verschlüssen gemacht haben - warum auch immer. Unser Wein hat ihnen geschmeckt, der Korken nicht. Wir werden also jetzt eine kleine Charge AN2 mit Schraubverschluss abfüllen - speziell für den australischen Markt - und dann sehen, was passiert. So global denken allerdings nicht alle mallorquinischen Winzer. Wir meinen jedoch: Weitere Absatzmärkte existieren. Man muss sie nur finden und auf spezielle Gegebenheiten flexibel reagieren.

Mallorca Wein: In den letzten Jahrzehnten gab es inselweit den Trend zu gehaltvolleren, qualitativ hochwertigeren Produkten. Wie schmeckt der Insel-Wein des Jahres 2015?

Pere Obrador: Massen-Produkte - der vino al granel werden weiterhin zurückgehen. Der Absatz von Qualitätswein aus Mallorca wird weiterhin zulegen können - da bin ich mir ziemlich sicher. Welche Qualität oder welcher Geschmack sich durchsetzen wird, lässt sich bis-her noch nicht sagen. Letztlich bestimmt das die Nachfrage am Markt.

Mallorca Wein: Gibt es nicht - gerade unter neuen Weinfreunden - den Trend zu leichter zugänglichen Weinen, Weinen mit geringerem Alkoholgehalt und einem weniger komplexen Aufbau?

Pere Obrador: Doch, doch, das ist richtig. Es scheint tatsächlich so, als würde sich dort eine neue Konsumentengruppe erschließen. Genaueres möchte ich allerdings dazu noch nicht sagen.

Zur Person Pere Obrador:
Pere Obrador i Vidal, Jahrgang 1968, verheiratet, drei Kinder, verbindet - wie die meisten Mallorquiner - eine tiefe Zuneigung mit dem eigenen Land, mit den eigenen Leuten. Fast zwangsläufig und ohne großes eigenes Zutun ist der in Campos geborene in seine heutige Berufung hineingewachsen. Heute lebt der Winzer mit Leib und Seele in Felanitx auf der Finca aus dem Familien-Besitz, die sich unmittelbar an die Produktions-Anlagen von AN anschließt.